bearbeitet von Schramm Öhler Rechtsanwälte (März 2015)
Die Eignung eines Bieters muss spätestens zum Zeitpunkt nach § 69 BVergG vorliegen und darf in der Folge nicht mehr verloren gehen. Bei Zweifeln des Auftraggebers kann die Eignungsprüfung zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden.
Hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurde in der Ausschreibung festgelegt, dass die Bieter "zumindest die aktuelle Bonität mit einem Rating des KSV mit einem Wert von weniger 350 bzw. Vorlage eines vergleichbaren Ratings einer vergleichbaren Ratingagentur" nachzuweisen haben. Mangels Anfechtung wurde die Ausschreibung in ihrer Gesamtheit bestandfest.
Ein Bieter wies die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum relevanten Zeitpunkt nach § 69 BVergG vorerst durch Abgabe einer Eigenerklärung nach.
Die Auftraggeberin wurde - den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zufolge - auf Grund einschlägiger Medienberichte noch vor der Zuschlagserteilung auf die heikle wirtschaftliche und finanzielle Situation eines Bieters aufmerksam und holte eine Bonitätsauskunft des KSV ein. Die Bonitätsauskunft wies kein entsprechendes Rating auf. Die Auftraggeberin führte daraufhin ein Aufklärungsverfahren durch und erachtete die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit als gegeben. Der damals zuständige Unabhängigen Verwaltungssenat Tirol (heute Landesverwaltungsgericht Tirol) betrachtete den Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit durch Abgabe und zum Zeitpunkt der Eigenerklärung als ausreichend.
Der VwGH hat entschieden, dass es in einer solchen Situation, in der auf Grund von Medienberichten akute Zahlungsschwierigkeiten eines Bieters zu befürchten waren, nicht ausreichend ist, wenn sich die Auftraggeberin alleine mit der Situation des Bieters zu einem bestimmten Zeitpunkt auseinandersetzt. Vielmehr wäre die Auftraggeberin in einer derartigen Situation verpflichtet gewesen, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters einer genaueren Überprüfung zu unterziehen. Dabei hätte sie sich insbesondere auch damit beschäftigen müssen, welche Schlüsse aus der „Ratinghistorie“ des Bieters zu ziehen sind. Der VwGH begründete seine Entscheidung damit, dass die Leistungsfähigkeit jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein muss.
VwGH vom 17.6.2014, 2013/04/0033; BVA 24.1.2013, N/0108-BVA/02/2012-22; BVA 2.8.2013, N/0057-BVA/02/2013-23
Praxistipp: Auch Medienberichte können dazu beitragen, die Eignung eines Bieters in Zweifel zu ziehen. Dadurch kann der Fall eintreten, dass ein Auftraggeber die Eignung zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt nochmals prüft bzw. prüfen muss. Für einen solchen Fall empfehlen wir, die Eignungsnachweise im ANKÖ immer aktuell zu halten. Dadurch können allfällig entstandene Zweifel an der Eignung auf kurzem Weg ausgeräumt werden.
Autor: Andreas Gföhler
Auftragnehmerkataster Österreich
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