bearbeitet von Schramm Öhler Rechtsanwälte (November 2015)
Der Auftraggeber (AG) hatte für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gewisse Umsatzerlöse und für die technische Leistungsfähigkeit gewisse Unternehmensreferenzen gefordert. Obwohl die beanstandeten Eignungskriterien auf den Leistungsgegenstand abgestimmt waren, ging das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vom Widerspruch zu den allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts aus, da die bezughabende Leistungsbeschreibung als solche nicht den Anforderungen des BVergG entsprach.
So ergab sich aus der Ausschreibung, dass der Ausschreibungsgegenstand die Belieferung mit bestimmten Formen der Trink- und Sondennahrung sein soll. Durch die eindeutige Bezugnahme war der Leistungsgegenstand auf Produkte namentlich genannter Hersteller beschränkt.
Gem § 96 Abs 3 BVergG müssen Leistungsbeschreibungen jedoch neutral erfolgen, sodass nicht bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbsvorteile genießen. Zudem darf in technischen Spezifikationen nur dann auf eine bestimmte Herkunft, auf bestimmte Marken oder Ursprünge usw verwiesen werden, wenn dies durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, und damit nicht bestimmte Unternehmen oder Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann – diesfalls ist der Zusatz "oder gleichwertig" zwingend erforderlich.
Die beanstandete Ausschreibung beschrieb den Ausschreibungsgegenstand (und mit ihm die Eignungskriterien) jedoch nicht "neutral" und enthielt trotz der Bezugnahme auf Produkte bestimmter Hersteller keinen Zusatz "oder gleichwertig".
Zudem vermochte die Antragsgegnerin das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen der behaupteten Notwendigkeit des Ausschlusses von Produkten anderer als der in der Ausschreibung genannten Hersteller aus Gründen des Allgemeininteresses (hier: der Gesundheitsversorgung) zu überzeugen. Auch der Berufung des AG auf die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern in Bezug auf die dort verabreichte oder verschriebene Trink- und Sondennahrung folgte das BVwG nicht, da Zielsteuerungsverträge im Gesundheitsbereich der Länder lediglich gesundheitspolitische Vereinbarungen mit allenfalls privatrechtlicher Wirkung enthalten, die keine rechtsverbindlichen (das BVergG verdrängenden) Anbindung der Beschaffung des einen Trägers von Gesundheitsleistungen an die des anderen enthalten können.
Bundesverwaltungsgericht 23.06.2015, W 149 2101283-2
Praxistipp: Sind Eignungsanforderungen zwar auf den Leistungsinhalt abgestimmt, verstößt dieser aber gegen das Gebot der Neutralität bzw. der Zulässigkeit gleichwertiger Produkte, so sollte ein betroffener – weil dadurch einen Wettbewerbsnachteil erleidender – Bieter dies beim AG rechtzeitig rügen und, falls dieser nicht entspricht, die Ausschreibung oder Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages bzw. die einschlägige Ausschreibungsbestimmung beim zuständigen Nachprüfungsgericht binnen offener Frist (gem § 321 Abs 4 BVergG grundsätzlich sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist bzw. der Teilnahmefrist) anfechten.
Autor: Dagmar Malin
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