Vergaberechtliche Judikatur und Praxistipps

bearbeitet von Schramm Öhler Rechtsanwälte (April 2016)

 

Die Erbringung gewerblicher Nebenleistungen gemäß § 32 Abs 1 Z 1 GewO zur wirtschaftlich sinnvollen Ergänzung gewerblicher Leistungen ist nur in ANDEREN Gewerben und nicht im jeweils beschränkten Gewerbe zulässig.

Ausgeschrieben wurde ein Rahmenvertrag für Instandsetzungsarbeiten an Brandrauchentlüftungsanlagen in Wohnhausanlagen. Die Ausschreibungsunterlagen sahen unter anderem den Einbau von elektrotechnischen Anlagen bzw. Einrichtungen vor, die mit Starkstrom gespeist werden.

Für die Durchführung von Arbeiten im Zusammenhang mit Starkstromanlagen und –einrichtungen bedarf es gemäß § 106 Abs 1 Z 1 GewO einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Elektrotechnik. Ein Bieter verfügte jedoch lediglich über die Gewerbeberechtigung „Elektrotechnik, eingeschränkt auf die Errichtung von Alarmanlagen“ und wurde daher mangels Befugnis ausgeschieden.

Der ausgeschiedene Bieter berief sich in seinem beim Verwaltungsgericht Wien eingebrachten Nachprüfungsantrag auf das gewerbliche Nebenrecht des § 32 Abs 1 Z 1 GewO und behauptete dadurch im Gewerbe Elektrotechnik auch Leistungen für Starkstromanlagen und –einrichtungen in geringem Umfang erbringen zu dürfen.

Gemäß § 32 Abs 1 Z 1 GewO sind alle Gewerbetreibenden berechtigt, in geringem Umfang Leistungen anderer Gewerbe zu erbringen (in welchen sie keine Gewerbeberechtigung haben), wenn diese Leistungen die eigenen Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen (= gewerbliches Nebenrecht). Es ist in solchen Fällen somit nicht notwendig, eine oder mehrere zusätzliche Gewerbeberechtigungen zu erwerben.

Das Verwaltungsgericht Wien wies den Antrag des Antragstellers auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung ab und begründete dies wie folgt: Im vorliegenden Fall sollen keine Leistungen eines ANDEREN Gewerbes erbracht werden, sondern Leistungen desjenigen Gewerbes („Elektrotechnik“), in welchem der Antragsteller selbst einer Beschränkung unterliegt („Elektrotechnik, eingeschränkt auf die Errichtung von Alarmanlagen“). Der Anwendungsfall des § 32 Abs 1 Z 1 GewO bezieht sich aber nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf Tätigkeiten eines anderen Gewerbes und nicht auf Tätigkeiten, die über die Beschränkung des eigenen Gewerbes hinausgehen.

VwG Wien 16.03.2016, VGW-123/062/50/2016 (noch nicht veröffentlicht)

Praxistipp: Unterliegt ein Bieter in einem Gewerbe einer Beschränkung (zB „Elektrotechnik, eingeschränkt auf Alarmanlagen“), so kann er sich zum Nachweis seiner Befugnis in jenem Teil des Gewerbes der über die Beschränkung hinausgeht (zB Elektrotechnik für Starkstromanlagen und -einrichtungen) nicht auf das gewerbliche Nebenrecht des § 32 Abs 1 Z 1 berufen. Das gewerbliche Nebenrecht des § 32 Abs 1 Z 1 GewO bezieht sich nämlich ausschließlich auf Tätigkeiten in einem ANDEREN Gewerbe (zB „Kälte- und Klimatechnik“).

 

Autoren: Christian Graf / Christian Gruber

 

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